Hundephysiotherapie

Der sechste Sinn - Die Propriozeption

Pawlou – Tiernaturheilkunde und Hundephysiotherapie

Propriozeption Hundephysiotherapie Berlin

Inhalt

Sehen, Schmecken, Riechen, Hören und Fühlen sind die Sinne, die jeder kennt. Mit diesen fünf Sinnen nehmen wir Signale von außen wahr. Die Propriozeption, auch Tiefensensibilität genannt, kennen aber nur wenige. Das ist der Sinn sich selbst zu spüren. Hierbei kommen die Signale nicht von außen, sondern von innen aus unserem Körper.

Sich selbst zu spüren! Das klingt so unbedeutend, ist aber unheimlich wichtig!

Wir alle, auch unsere Hunde haben spezielle Rezeptoren in den Muskeln und Gelenken, die uns Informationen über Muskelspannung, Bewegungen, Haltung und unsere Position im Raum vermitteln. Sie sagen uns also, dass wir z.B. gerade den Arm ausstrecken. Wir wissen, dass der Arm weder nach oben gestreckt ist noch unten herum schlabbert, auch wenn wir die Augen geschlossen haben. Genauso weiß der Hund, wenn er gerade liegt, dass er eben liegt.

Dank der Propriozeption wissen wir also, dass wir gerade sitzen, liegen, laufen… Wir wissen, wie wir gerade den Kopf halten, wie die Stellung von Rumpf und Gliedmaßen zueinander ist und wir spüren auch deren Veränderung während einer Bewegung.

Ohne diesen Sinn, könnten wir das alles nicht. Auch unsere Hunde könnten sich ohne diesen Sinn nicht mehr bewegen.

Die Propriozeption verläuft unbewusst

Tagtäglich korrigieren wir tausende Male ganz unbewusst die Position unserer Gliedmaßen, unseres Kopfes, belasten unsere Beine unterschiedlich, verändern die Muskelspannung in Armen, Nacken, Bauch und Rücken.

Wir denken nicht darüber nach, wir tun es einfach. Stell dir vor du müsstet genau berechnen, wie weit du einen Arm strecken und wie doll du die Muskulatur anspannen musst, nur um deinem Hund den Napf auf den Boden zu stellen, ohne dass er dir aus der Hand fällt.

Und stell dir vor, dein Hund müsste in derselben Situation berechnen, wie weit er den Kopf strecken muss, um an den Napf ranzukommen.

Die “Berechnungen“ tun wir unbewusst. Müssten wir über alle Kleinigkeiten nachdenken, hätten wir für nichts anderes mehr Zeit. Unbewusst bedeutet jedoch nicht, dass die Propriozeption weniger bedeutsam ist. Im Gegenteil. Ohne sie würde uns jegliche Empfindung für Haltung und Lage unseres Körpers fehlen.

Ian Waterman - Der Mann ohne Propriozeption

Im Alter von 19 Jahren wachte Ian Waterman morgens auf und spürte seinen Körper nicht mehr. Durch eine Virusinfektion verlor er sowohl die Propriozeption, als auch seinen Tastsinn. Und das vollständig vom Hals bis zu den Füßen. Stell dir vor wie schlimm es sein muss, wenn du weder spürst, wo deine Gliedmaßen sind, noch dass dich etwas irgendwo berührt.

Für Ian Waterman bedeutete dies, dass er sich von jetzt auf gleich nicht mehr bewegen konnte, da jede Bewegung sowohl vor als auch während ihrer Ausführung auf die Rezeptoren der Muskeln und der Gelenke angewiesen ist.

Nach langer harter Arbeit lernte Ian Waterman sich auf eine andere Art wieder zu bewegen. Dafür nutzte er seinen Sehsinn. Durch visuelle Kontrolle konnte er sich nach Monaten aufsetzen und die Arme wieder bewegen. Nach einem Jahr konnte er sogar aufstehen und später auch gehen. Dazu musste er sich jedoch nach vorn beugen und seine Beine genau beobachten, um zu wissen, in welcher Stellung sie sich gerade befinden. War er eine Sekunde abgelenkt oder wandte er seinen Blick von seinen Beinen ab, fiel er sofort um. 

Einen interessanten Artikel über Ian Waterman findest du unten in der Quellenangabe.

In abgeschwächter Form kennen das die meisten

Eine abgeschwächte Form einer Tiefensensibilitätsstörung haben die meisten schon mal erlebt. Wessen Bein schon mal “eingeschlafen“ ist, weiß wie schwierig es ist, aufzustehen.

Auch jemand der zu viel getrunken hat, kann mitunter die einfachsten motorischen Dinge nicht mehr ausführen. Gerade auf einer Linie laufen? Das Schlüsselloch mit dem Schlüssel finden? Oder die Nase mit dem Finger berühren? All die Kleinigkeiten werden für jemanden unter Alkoholeinfluss zur Herausforderung. Das liegt daran, dass die Verarbeitung der propriozeptiven Informationen vorübergehend gestört ist. Wir nehmen Abstände falsch wahr und spüren nicht mehr in welcher Position sich unsere Gelenke befinden. Die Folge ist dann, dass wir hin und her schwanken.

Welpen

Die Tiefensensibilität wird im Laufe der Zeit durch verschiedene Reize trainiert. Welpen haben noch nicht genügend Reize erfahren und spüren sich selber noch nicht genug. Das ist auch der Grund, warum die Kleinen ab und an hinfallen, an Möbeln anecken und sich schneller verletzten. Sie müssen erst lernen, ihre Pfoten zu koordinieren.

Erreichen kann man das, indem man dem Welpen möglichst viele Reize bietet. Streicheln, anfassen, laufen auf verschiedenen Untergründen, im Wasser planschen, auf Wippen steigen, im Bällebad spielen, … all das sind sehr gute Möglichkeiten um die Tiefenwahrnehmung zu trainieren.

Propriozeptives Training / Sensomotorisches Training

Nicht nur Muskeln und Ausdauer, sondern auch die Propriozeption kann und sollte trainiert werden und zwar beim Menschen genauso wie beim Hund. Ist dieser Sinn trainiert, kann der Mensch / Hund viel schneller auf unvorhersehbare Dinge reagieren.

Fliegt z.B. plötzlich ein Ball auf uns zu, können wir ihn entweder fangen oder einen Schritt zur Seite machen, um nicht getroffen zu werden. Die meisten Hunde entscheiden sich wahrscheinlich für das Fangen. 😉

Bekommt ein Mensch den Ball aber in den Bauch oder ins Gesicht, kann man davon ausgehen, dass seine Tiefensensibilität verbessert werden könnte. Auch Hunde, die es nicht schaffen, ein Leckerlie zu fangen sind keinesfalls zu blöd dafür. Sie haben nur nicht genügend Eigenwahrnehmung und können nicht genau berechnen, wie schnell sie ihr Maul öffnen müssen und wann sie wie weit nach vorne springen müssen, um das Leckerlie zu erwischen.

Umso öfter man das mit dem Hund trainiert, desto besser wird er das nächste Leckerlie fangen. Grund hierfür ist eine bessere Tiefenwahrnehmung.

Präventiv

Ein Propriozeptionstraining schützt uns und unsere Hunde vor Stürzen, Umknicken und Verdrehungen im Gelenk.

Trainieren kann man auf verschiedene Arten. Man kann den Hund mit einem Igelball massieren, gerne an den Gliedmaßen und auch an den Pfoten. Das schafft Reize und mehr Bewusstsein für den Körper.

Ein Spaziergang auf verschiedenen Untergründen ist ebenso empfehlenswert und easy in den Alltag einzubauen. Einfach in den Wald und los. Dabei kann man den Hund auch auf umgefallene Baumstämme oder über einzelne Zweige steigen lassen.

Ein ausgiebiges Spiel mit Artgenossen ist ebenfalls empfehlenswert. Dabei entstehen Berührungen und der Hund lernt, Kraft und Entfernung einzuschätzen.

Post-OP

Nach einem Unfall oder nach einer Operation kann die Propriozeption in einigen Körperstellen gestört sein. Überdehnt sich der Hund z.B. die Pfote, sollte er nach Ausheilung nicht nur die Muskeln und Bänder trainieren, sondern auch die Tiefenwahrnehmung, um einem neuen Umknicken vorzubeugen.

Einfach ausgedrückt, muss die richtige Gelenkstellung wieder neu gelernt werden. Erreichen kann man das mit Gleichgewichtsübungen, indem man abwechselnd die Beine vom Boden löst oder mit Übungen auf einem unebenen Untergrund, z.B. wackeligen Gegenständen.

Trainiert man nicht allein, kann es sogar richtig Spaß machen und echt witzig werden. : )

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Autorin

Manja
Mein Name ist Manja. Ich bin Mutter von 2 wundervollen Kindern und treue Begleiterin meines Seelenhundes Balou und unser verrückten Maus Hailey. Durch Balou kam ich zur Hundephysiotherapie. In diesem Bereich habe ich diverse Aus- und Fortbildungen gemacht und mir die Aufgabe gesetzt, so vielen Hunden wie möglich zu helfen.

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